Augsburg und seine Biergärten

Im schönen Augsburg hatte ich mich bei meinen bisherigen Besuchen immer ausgesprochen wohlgefühlt und vor allem die lebendige Bier- und Biergartenkultur hatte es mir angetan. Somit war es dringend nötig, die traurige Bierdiaspora im Westen mal wieder für ein Wochenende zu verlassen und bei herrlichstem Sommerwetter durch die Biergärten Augsburgs zu ziehen. Etwas Fußball durfte natürlich nicht fehlen. Hier ein kleiner Überblick, die Liste ist bei der Vielfalt an Biergärten und Brauereien natürlich alles andere als vollständig, eine Fortsetzung erscheint dringend nötig.

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1. Annapam

Es war schon seltsam. Nach der obligatorischen Bahnodyssee dehydriert, sollte es natürlich gleich in einen amtlichen Biergarten gehen und Micha, der  sich für die zwei Tage  als mein szenekundiger Führer durch die Bierszene Augsburgs angeboten hatte, führte mich gleich in die Riegele Brauerei. Doch siehe da: Nix mit Bier, der Biergarten öffnete erst um 15 Uhr. Naja, es gab ja noch mehr, und so versuchten wir unser Glück sowohl im Thorbräu Hirschgarten als auch im Thing. Wieder Fehlanzeige, beide öffneten erst um 17 Uhr. Der Verzweiflung nahe erspähten wir aber ein Schild und so betraten wir das Annapam (Bäckergasse 23), in dem Micha schon seit Jahrzehnten nicht mehr war. Da hatte er durchaus was verpasst.

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Hinter einer urigen Kneipe verbirgt sich eine kleine, aber feine Terrasse, in der man in Ruhe sein Bier trinken und leckere Speisen genießen kann. Das Motto „Wir sind ja für dich da“ ist also durchaus wörtlich zu nehmen! Personal und Gäste waren ausgesprochen freundlich, man fühlte sich von Beginn an wie Zuhause. Verspeist wurden eine prima Pizza mit Parmaschinken, Rucola und Parmesan auf einem sehr gut gelungenen Teig sowie die Kässpatzen mit Röstzwiebeln. Preis-Leistung war absolut in Ordnung und auch die Biere waren tipptop. Probiert wurden Riegele Dunkel und Alte Weisse (ein dunkles Weissbier) sowie ein Lauterbacher Kellerbier, das mir aber etwas zu süßlich war.

Fazit: Bei meinem nächsten Augsburgbesuch wird ein Besuch im Annapam auf jeden Fall zum Pflichtprogramm gehören! Im Keller befindet sich außerdem noch das ‚Hempels‘, ein Veranstaltungsraum, in dem bereits seit Jahrzehnten kleine Konzerte stattfinden. Wenn es sich anbietet, müsste ich das auch mal ausprobieren.

2. Thing

Augsburg 4Zu später Stunde verschlug es dann mich und einen alten Freund, den ich schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatte, ins Thing (Vorderer Lech 45), einem klassischen Biergarten, in dem ich endlich auch einmal das Riegele Kellerbier ausprobieren konnte. Das hat mir dann auch deutlich besser geschmeckt als das Lauterbacher. Mitten in einem Wohngebiet gelegen, schlug leider recht bald die Sperrstunde, um 23 Uhr war Schluss mit dem Outdoor-Spaß. Wir zogen dann noch kurz weiter durch die erstaunlich lebhafte Augsburger Partynacht, wobei ich den Altersschnitt wohl insgesamt deutlich nach oben getrieben haben dürfte. In einer der Kneipen gab es als Wegzehrung ein Schwarzbräu Exquisit, ein süffiges Helles. Da der König von Flandern entgegen der Angabe auf der Tür bereits geschlossen hatte, beendeten wir den Abend standesgemäß im Ratskeller mit einem dunklen Riegele.

3. Sportgelände TSV Friedberg

Augsburg 12So ganz ohne Fußball macht ein Sommerwochenende ja auch keinen Spaß und daher begaben wir uns am Sonntagmittag auf das Sportgelände des TSV 1862 Friedberg, der gerade erst in die Landesliga Südwest aufgestiegen war. In einer kurzweiligen Partie gewannen die Gastgeber gegen den TSV Aindling nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit 2:1. Auch kulinarisch war einiges geboten. Zwar habe ich die frisch gegrillten Würste nicht getestet, aber auch die Versorgung mit Flüssigem war gewährleistet. Eine Halbe aus der Brauerei Kühbach war für schmale 2 Euro 50 im Angebot, auch das Radler war gerade bei der großen Hitze eine willkommene und wohlschmeckende Erfrischung. Wenn ich da so an unser Stadionbier denke…

4. Kahnfahrt

Augsburg 18Zurück in Augsburg war unser erstes Ziel die ‚Kahnfahrt‘ (Riedlerstr. 11), ein Traditionsbetrieb am Stadtgraben, in dem man seit 1876 nicht nur essen und trinken, sondern auch Boote mieten kann, um eine kleine Spritztour zu unternehmen. An der Wand in der Wirtsstube befinden sich unzählige historische Fotos, die deutlich machen, welche eindrucksvolle Geschichte die Kahnfahrt hat. Ich steh ja auf so was! Wir beschränkten uns allerdings auf den kulinarischen Teil und genossen in einer herrlichen Idylle ein Riegele Kellerbier und eine Breze. Die Kahnfahrt ist trotz der reichen Tradition vor allem für Touristen ein echter Geheimtipp und eine Ruheoase inmitten der Stadt.

5. Oblingers Lug ins Land

Augsburg 25Direkt an der historischen Stadtmauer gelegen bietet der Biergarten alles, was das Herz begehrt (Am Lueginsland 5). Eine wundervolle Atmosphäre unter alten, schattenspendenden Bäumen wird abgerundet durch biergartentypische Speisen und natürlich den passenden Bieren. Hier konnte ich nun erstmals das mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte Thorbräu probieren und entschied mich für ein Dunkles. Ein wirklich ausgezeichneter, runder und vollmundiger Geschmack, meiner Meinung nach ist das Thorbräu Dunkel das Beste dieser Art, das ich in Augsburg getrunken habe. Micha, der sein ganzes Leben in Augsburg verbracht hat, war vom ‚Lug ins Land‘ völlig geplättet, denn an diesen herrlichen Ort hatte es ihn bis dahin noch nie verschlagen. Da muss erst einer aus Trier kommen, und ihm den Auftrag geben, mich zu den schönsten Biergärten der Stadt zu führen. Verrückte Welt.

6. Thorbräu Freibank und Hirschgarten

Augsburg 29Nun war ich also auf den Geschmack gekommen und so musste ich mir die Heimat des Thorbräus mal etwas genauer ansehen. Vor dem Stammsitz befindet sich die sogenannte Freibank, ursprünglich einmal der Ort, an dem Fleisch von minderer Qualität verkauft wurde. Nun befindet sich dort eine kleine Gaststätte mit gemütlichem Biergarten, in dem es das Thorbräu Kellerbier standesgemäß aus dem Steinkrug gab. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich bei den Kellerbieren dem Thorbräu den Vorzug gegenüber dem Riegele geben soll, da müssen eindeutig noch weitere Versuchsreihen her. Im Schatten des Wertachbrucker Tors am Bourges Platz sitzt man zwar nicht so idyllisch wie in den anderen Biergärten, doch hat auch dieser Ort seine ganz eigene Atmosphäre.

Unser nächstes Ziel und gleichzeitig der Abschluss der Tour sollte der Hirschgarten des Thorbräu-Kellers sein (Heilig Kreuz Str. 20). Eine wirklich reizende und schlagfertige Bedienung verstand ihr Geschäft ausgezeichnet und somit wurde noch die ein oder andere Leckerei getestet. Als Fundament gab es eine „kleine“ Portion Spätzle in Bratensoße. Wer auf Geweihe und sonstige Jagdtrophäen steht, sollte auf jeden Fall einen Blick in den Thorbräu-Keller werfen, doch auch der Hirschgarten macht seinem Namen alle Ehre. Probiert wurden hier neben den bereits bekannten Thorbräu-Spezialitäten das Celtic, ein Biobier, das aus regionalen und biologisch angebauten zutaten gebraut wurde, sowie das Weißbier. Das Celtic gab es direkt aus der Flasche, es hat mich vom Etikett abgesehen aber wenig begeistert. Das Weißbier dagegen reihte sich voll und ganz in die überzeugende Produktpalette ein! Hier wird das nächste Mal auf jeden Fall auch wieder eingekehrt.

Fazit

Für Bierfreunde ist Augsburg auf alle Fälle eine Reise wert. Zahlreiche regionale Brauereien werben um den Genießer und auch bei den Biergärten hat man die freie Auswahl. Es stimmt einen wirklich traurig, wenn man bedenkt, dass wir es im Süden der Republik mit einem Relikt der Bierkultur zu tun haben, während in nahezu allen anderen Regionen das große Brauereinsterben unaufhaltsam erscheint. In Trier hat meines Wissens mit dem Kraft-Bräu in Olewig lediglich eine kleine Privatbrauerei überlebt, der Rest wird dominiert vom Eifelmonopolisten und der saarländischen Konkurrenz. Dazu kommen natürlich die großen Marken, die auf Mainstreamgeschmack und ein überregionales Publikum setzen. Todd Ehresmann hat kürzlich aus seiner Perspektive einen interessanten Blick auf die deutsche Bierkultur geworfen, sein Blog über das typisch Deutsche ist ohnehin sehr empfehlenswert: All Sinks Cherman – German Beer: Past, Present, and Future (Teil Eins und Zwei)

Ein paar Bilder

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